
US-Präsident Donald Trump ist laut, extrovertiert und steht ganz offensichtlich gerne im Mittelpunkt – immer. Einer seiner frühesten Unterstützer aus dem Silicon Valley, der in Deutschland geborene Unternehmer Peter Thiel ist anders. Thiel agiert lieber im Hintergrund. Im Unterschied zum exzentrischen Elon Musk ist Thiel auch eher unbekannt.
Peter Thiel gilt als ein einflussreicher Wegbereiter des aktuellen „vibe shift“, also des kulturellen Wandels in den USA deutlich nach rechts. Thiel wird oft als rechtslibertär bezeichnet. Die öffentliche Meinung scheint seit dem erneuten Wahlsieg Trumps im vergangenen Jahr schlagartig konservativer geworden zu sein. Große Konzerne beendeten zum Beispiel direkt nach der Wahl Diversitäts-Programme.
Der Deutschlandfunk-Podcast „Die Peter Thiel Story“ erzählt die Geschichte des geheimnisvollen Tech-Milliardärs. An dieser Stelle gibt es das Wichtigste zur Biografie Thiels und zu seiner politischen Ideologie.
Wer ist Peter Thiel?
Peter Thiel wurde am 11. Oktober 1967 in Frankfurt am Main geboren. Kurz nach seiner Geburt zog die Familie in die USA. In Interviews beschrieb Thiel seine Familie als “sehr christlich”. Sein Vater war Bergbau-Ingenieur. Die Familie zog oft um - zwischenzeitlich auch in den damaligen Apartheid-Staat Südafrika.
Thiel studierte Philosophie und Rechtswissenschaft an der Stanford University, wo er 1989 seinen Bachelor-Abschluss erwarb. 1992 promovierte Thiel an der Stanford Law School. Kurz arbeitete er für eine New Yorker Wall-Street-Anwaltskanzlei. 1996 gründete Thiel seinen ersten Risikokapitalfonds (Thiel Capital).
Thiel ist seit vielen Jahren ein milliardenschwerer Investor. Thiel hat Paypal mit erfunden und Facebook groß gemacht. Und er ist der Gründer der Überwachungs-Software-Firma Palantir. Thiel stand 2025 auf Platz 131 der reichsten Personen der Welt.
Was ist die politische Einstellung von Thiel?
Zwei Denker gelten als Thiels intellektuelle Helden: Carl Schmitt und René Girard. Der Staatsrechtler Carl Schmitt galt als „Kronjurist des Dritten Reiches“. Er feierte die Ermordung der SA-Kader im sogenannten Röhm-Putsch von 1934 („Der Führer schützt das Recht“) und war ein Judenhasser. René Girard war ein französischer Philosoph, Kulturanthropologe und Literaturwissenschaftler. Aber auch das Denken von Ayn Rand, die Philosophin des Turbokapitalismus genannt wurde, soll Einfluss auf Thiel haben. Es ist eine Philosophie des Egoismus, die propagiert, dass der Starke keine Verantwortung für den Schwachen trägt.
Niedrige Steuern, schwache demokratische Staaten, die sich einen Unterbietungswettbewerb bei den Steuern liefern müssen, das gilt als sein Credo. Thiel schrieb 2009 in einem Essay, dass er nicht mehr daran glaubt, dass Freiheit und Demokratie miteinander vereinbar sind. Zudem zweifelte er an, dass libertäre Positionen bei Wahlen jemals erfolgreich sein können. Schuld daran, so Thiel damals, sei das Frauenwahlrecht. Weil Frauen kaum bereit wären, für libertäre Kandidaten zu stimmen.
Schon während des Studiums in Stanford zeigte sich beim jungen Thiel ein Interesse an Theologie und erzkatholischen Fachdebatten. Im Laufe der Jahre kombinierte er dies mit libertären Business-Überzeugungen.
In Stanford fremdelte Thiel Ende der 1980er-Jahre mit dem progressiven Geist auf dem Campus. Rückblickend kritisierte er in einem Interview vermeintliche Sprachregelungen. Was man sagen konnte und was man nicht sagen konnte. Statt “Indianer” kam etwa “Native American” als Begriff auf. Für Thiel war diese „Political Correctness“ ein Angriff auf die Meinungsfreiheit und ein Vorläufer der sogenannten „woke“-Ideologie, die er heute ablehnt. Stanford kann also als Startpunkt von Thiels Kulturkampf gegen alles, was er als „links“ und „woke“ betrachtet, gesehen werden.
Laut Max Chafkin, der mehrere Bücher über den Unternehmer geschrieben hat, wollte der junge Thiel in Stanford auch provozieren und seine liberalen Mitstudenten vor den Kopf stoßen. Zum Beispiel als er einer schwarzen Kommilitonin erklärte, dass die Apartheid in Südafrika gar nicht so schlecht wäre - zumindest wirtschaftlich.
Thiel bezeichnet sich immer wieder stolz als “Contrarian”, nicht nur als Investor, sondern auch politisch. Als einer, der gegen den Strom schwimmt gegen die Mehrheitsmeinung. Gegen den Mainstream.
„Ein selbsternannter ‚Tech-Disruptor‘, der eine unkonventionelle Transformation vom rechts-libertären Financier zum politisch entfesselten Neoreaktionär erkennen lässt“, hieß es 2022 in einer Analyse des Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung über Thiel. „Um seine politische Ausrichtung zu erfassen, gilt es, ein komplexes und in Teilen widersprüchliches Knäuel aus solutionistischer Meritokratie, rechts-libertären, antistaatlichen und nationalistischen Weltsichten zu entwirren.“
Welcher Verbindung hat Thiel zu Donald Trump?
Peter Thiel gehörte 2016 zu den frühesten finanziellen Unterstützern von Donald Trumps erster Kandidatur für die Präsidentschaft. Aus Enttäuschung über die Obama-Ära, aus Abwehr gegen Identitätspolitik, Diversity-Beauftragte und Krankenversicherung, wandelte sich Thiel zum Trumpisten. Das Hauptmotiv für die Unterstützung der Make-America-Great-Again-Kampagne war laut Biograf Max Chafkin aber Thiels Angst, dass die Demokraten ihm sein Vermögen wegnehmen könnten. Also unterstützte er den einen Kandidaten, der reichen Leuten garantiert nichts wegnehmen will: Donald Trump.
Auf dem Nominierungs-Parteitag der US-Republikaner im Juli 2016 hielt Peter Thiel eine Rede. „Guten Abend“, sagte er. „Ich bin Peter Thiel. Ich baue Unternehmen auf und unterstütze Leute, die neues schaffen, von sozialen Netzwerken bis hin zu Raketen. Ich bin kein Politiker", so Thiel, aber das sei Donald Trump auch nicht. In seiner Rede sagte Thiel auch noch, er sei stolz, schwul zu sein. Seine Homosexualität hatte er vorher nicht versteckt, aber auch nicht live im Fernsehen mit der Welt geteilt.

Thiels politische Investition war erfolgreich. Nach dem Wahlsieg von Donald Trump gegen Hillary Clinton im November 2016 wurde Peter Thiel Mitglied des Übergangsteams, das den Amtsantritt des neuen Präsidenten vorbereitete. Die Zeit im “Transition Team” von Trump um die Jahreswende 2017 war eher untypisch für Thiels sonstige Karriere. Der Ausflug in die Tagespolitik dauerte auch nur kurz. Peter Thiel wurde nicht Minister in der neuen Trump-Regierung. Dem Schachspieler und Strippenzieher behagte das eher oberflächliche politische Alltagsgeschäft offenbar nicht.
Wer sind weitere wichtige Personen in Thiels Netzwerk?
Schon seit seiner Studienzeit hat Thiel ein Netzwerk aus Verbündeten aufgebaut. Thiel gilt dabei als nachtragend. Ein Mann, der auch Intrigen und juristische Angriffe gegen Gegner und Kritiker gestartet und gewonnen hat.
An vielen Stellen der zweiten Trump-Administration sitzen heute Thiels Leute. Ein Beispiel ist David Sacks. Früher war er mit Thiel bei Paypal, jetzt ist er Berater für Künstliche Intelligenz und Kryptowährungen im Weißen Haus. Laut einem Bericht der „New York Times“ beauftragte die Trump-Regierung Thiels Unternehmen Palantir damit, Daten von US-Bürgern noch umfassender zu sammeln.
Schon seit Ende der 1990er-Jahre kennt Peter Thiel Elon Musk. Aus Thiels Firma Confinity wurde nach einer Fusion mit der von Elon Musk gegründeten Finanzplattform X.com im Jahre 2000 Paypal, das bald zum weltweit führenden Abwickler von Online-Bezahlvorgängen für Mittel- und Kleinbeträge aufstieg. Musk wurde bei Paypal damals abgesetzt, weil er darauf drängte, das Unternehmen in X umzubenennen. Thiel übernahm selbst den Chefposten. Trotz dieses Konflikts sind die ungleichen Milliardäre bis heute verbunden.

Eng war und ist auch die Verbindung zu Facebook-Gründer Mark Zuckerberg, den Thiel als erster externer Geldgeber unterstützte. Facebook war für Thiel der erste große Coup als Investor. Thiel erkannte früh das disruptive Potenzial der sozialen Medien - und vor allem ihre Macht. Während andere Investoren noch über Nutzerzahlen und Werbeeinnahmen nachdachten, sah Thiel in Facebook schon 2004 etwas anderes: die Chance, ein Monopol aufzubauen.
Besonders wichtig: Vizepräsident JD Vance ist ein Verbündeter von Thiel. Thiel-Biograf Max Chafkin sagt: Ohne Peter Thiel wäre Vance niemals Senator geworden und später Vizepräsident. Vance hat nämlich früher für Thiels Investmentfirma gearbeitet. Thiel finanzierte Vance den Beginn seiner politischen Karriere. Der Republikaner Vance (Jahrgang 1984) könnte früher oder später der Nachfolger von Trump (Jahrgang 1946) werden.
Wie sieht Peter Thiel die Zukunft der Welt?
Eine große Frage. Aber offenbar widmet sich Thiel in letzter Zeit weniger tagesaktuellen, sondern eher intellektuellen (für seine Kritiker pseudointellektuellen) Fragen. Auch wird spekuliert, dass der Milliardär längst an die Zeit nach Donald Trump denkt.
Peter Thiel hatte sehr früh den heutigen Vizepräsidenten JD Vance unterstützt, der sehr wahrscheinlich Amerika und die Welt komplett verändern würde – falls er die Nachfolge von Trump antritt. Der Katholik Vance gilt für viele amerikanische Rechte als ein noch größerer Hoffnungsträger als Trump. Jemand, den manche rechte Vordenker schon als zukünftigen Herrscher eines postdemokratischen Amerikas sehen.
Thiel sieht sich hier offenbar als Vordenker und beschäftigt sich mit dem theologischen Konzept des „Katechon“. Dies spielte auch eine Rolle im Denken von Carl Schmitt, dem Staatsrechtler der Nazis. In der Bibel bedeutet Katechon “Der Aufhalter”. Also eine Macht, die den Endkampf Armageddon verzögert und gleichzeitig auch den Antichrist zurückhält. Schmitt interpretierte es so, dass mit dem Katechon eine christliche Ordnungsmacht gemeint ist, die das Chaos auf der Welt zurückhält. Auch im Umfeld von Russlands Machthaber Putin wird genau diese Interpretation des “Katechon”-Begriffs genutzt, um Russlands neues Streben nach Macht ideologisch zu untermauern. Dies geschah zum Beispiel durch den orthodoxen Patriarchen Kyrill.
Thiels Denken geht ganz offensichtlich gerade in eine potenziell sehr gefährliche Richtung. Der Milliardär und andere in seinem Umfeld versuchen, Amerikas Rolle in der Welt neu zu erfinden. Thiel, Trump, Vance: Sie alle glauben nicht mehr an die alte Bündnispolitik, die NATO, die Vereinten Nationen, internationale Zusammenarbeit und Freihandelsabkommen - also alles, was lange Zeit als Garant für Frieden und Stabilität in der Welt galt.
Für sie ist die alte internationale Ordnung nichts Gutes, sondern ein Schritt in Richtung einer diktatorischen Weltregierung. Und die USA sind diesem Denken zufolge das einzige Land, das diese unterdrückerische Globalisierung aufhalten kann. Und das heißt auch: Wenn man sich als letzte Bastion gegen Armageddon und den Antichrist sieht, dann sind alle Mittel erlaubt.
tei, vor allem auf Basis des Podcast-Manuskripts „Die Peter Thiel Story“